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01.09.2003 Die Derniere in Stuttgart - Danke Vampire.....
...und alles Gute in Hamburg






















Herbstlich war es an diesem Sonntag in Stuttgart. Verwöhnt von einem allzu heißen Sommer, gaben Wolken und einzelne Schauer das Stimmungsbild vieler wieder, die an diesem Tag Abschied von den lieb gewonnenen Vampiren nehmen mussten. Es war ohne Zweifel etwas ganz besonderes, was sich mit dieser letzten Show der Vampire in Stuttgart ereignen sollte.

Es war 17:10 Uhr und nur zögerlich hatte sich der Saal gefüllt, als wolle man diesen letzten – für einige schmerzlichen - Tanz noch einmal mit Kraft verzögern. Kurz darauf betrat dann in Begleitung von Geschäftsführer Jan Verveer der Mann den Saal, dem dieses Musical essentiell zu verdanken ist. Roman Polanski, OSCAR-Preisträger, Regisseur des Musicals und Ur-Alfred im Film Tanz der Vampire, wurde von 1.800 Besuchern mit minutenlangen stehenden Ovationen gefeiert. Auf der Bühne erschienen Company Managerin Constanze Müller und Associate Director Cornelius Baltus, um auch noch einmal den Abschied der Vampire aus Stuttgart und vor allem alle Mitarbeiter und auch Fans des Stücks zu würdigen. Zusammen mit Jan Verveer, der auf drängen von einem sichtlich bewegten Cornelius noch on Stage kam, wurden alle Darsteller und Musiker noch einmal namentlich verlesen. Jan hatte die Bühne mittlerweile wieder verlassen und kam bald darauf mit Roman Polanski zurück. Eigentlich hat ein Mensch wie er alles erreicht, was man in seinem Leben erreichen kann. Auf der Bühne sahen wir uns einem sehr gerührten Roman Polanski gegenüber, der neben Jan und Cornelius vor allem dem Stuttgarter Publikum dankte „Das beste Publikum, das ich jemals erlebt habe – es war immer wie bei Fussball-Fans hier - Vielen Dank und einen schönen Abend!“

Mit 25 Minuten Verspätung begann er dann – der allerletzte Tanz der Vampire in Stuttgart. Alles war für diese Show aufgeboten worden und die komplette Cast inklusive aller Swings war auf der Bühne und in die Show eingebaut. Und so spielten sie sich alle die nächsten 3 Stunden wirklich die Seele aus dem Leib. Immer wieder war die Show auch eine Herausforderung für den musikalischen Leiter und Dirigenten Adrian Werum, der schöpferische Kunstpausen ob des nicht enden wollenden Szenenapplauses einlegen musste, sich letztendlich mit seinem Taktstock jedoch immer wieder durchzusetzen wusste.

Gags? Ja, es gab sie auch in dieser letzten Show – vor dem Hintergrund, dass diese Derniere gleichzeitig noch eine Audition für die Darsteller war, die auch in Hamburg zur Familie der Vampire gehören möchten. Barbara Köhler produzierte in Ihrer Badewanne unter dem Jubel des Publikums mittels Pustefix Seifenblasen. Tanz der Vampire fasziniert auch ohne eingebaute Gags! Kurz vor dem Ende – niemand hat mehr damit gerechnet kam jedoch noch eine Szene, die auch nach 1.419 Vorstellungen in die Geschichte dieses Musicals eingehen wird. Als sich das gesamte Ensemble nach dem Biss bereits zum Ballsaal aufgestellt hatte, erschien ein schwarzer Schatten oben auf der Wendetreppe, der sich auf das Geländer schwang und in fast schon Lausbubenmanier auf dem Geländer herunterrutschte. Unten angekommen stand dann ein zwar leibhaftiger – in dieser Szene jedoch nicht mehr vorgesehener - Chagal, der seiner gerade gebissenen Tochter im vorbeigehen sozusagen mit erhobenem Zeigefinger riet: „Wärst Du nur in deinem Zimmer geblieben.“ Der Saal jubelte unendlich und die verdatterten Gesichter einiger Darsteller auf der Bühne signalisierten, dass nun hiermit nun so überhaupt nicht zu rechnen war. James Sbano, der die Rolle des Chagal bereits bei der Welturaufführung in Wien verkörperte, ist – nein besser war bis gestern - dafür bekannt, streng am Script zu arbeiten und ein strikter Gegner solcher Gags zu sein. Spätestens mit der gestrigen Show hat James sich mit diesem wirklich außergewöhnlichen Gag für immer im Tagebuch der Vampire verewigt. Es kam, wie es kommen musste – Professor Abronsius war wieder einmal der Meinung, sein Verstand hätte triumphiert und begleitet vom Auszug der Troika durch den Saal schickten sich das Ensemble an ein letztes Mal den Tanz der Vampire auf die Bühne zu bringen. Noch einmal setzen sie „den Himmel in Brand und streuten Luzifer Rosen“…. Begleitet diesmal jedoch von einem Publikum, welches das Finale nicht mehr abwarten wollte, sondern ab dem ersten Takt des Finales stehend mitklatschte. Die Darsteller, die Polanski knappe 3 Stunden zuvor als wörtlich „fantastische Cast“ bezeichnete, die seine Aufenthalte in Stuttgart so erfreulich gemacht hat, gaben nun wirklich alles und noch ein bisschen mehr. Um 20:37 Uhr war er dann vorbei der letzte Tanz der Vampire. Nach bereits 5 Vorhängen kam dann noch Dirigent Bernhard Wünsch mit einem überdimensionalen Taktstock auf die Bühne. Die Cast hatte nun Pause, denn jetzt sang das Publikum. Auf den Prayer (Stärker als wir sind) haben Fans einen eigenen Text geschrieben und es wirklich geschafft, vor der Show an jeden Zuschauer diesen Text zu verteilen. Auch ohne Generalprobe wurden alle Zweifler Lügen gestraft und wer die Zeit hatte, die Cast während des Liedes zu beobachten, entdeckte selbst bei den Herrschern der Nacht Emotionen – Alfred hat zumindest diesmal Recht behalten, ohne dass Professor Abronsius widersprechen konnte: „Sie haben Gefühle – wie wir!“ Im Anschluss zollte den die Darsteller den Zugaberufen noch einmal Tribut – „Finale, die Zweite“ war angesagt. In der Choreographie leicht abgewandelt gab es noch einmal den „Tanz der Vampire“. Im Anschluss durfte das fantastische Orchester unter Leitung von Adrian Werum auf der Bühne die Ovationen entgegennehmen, die sonst nur – wenn auch genauso ehrlich gemeint - im Graben zu hören waren.

Nach 7 Vorhängen stellte Cornelius Baltus fest, dass ihm bei der Dankesrunde 3 Stunden zuvor Dr. Michael Kunze entgangen ist, ohne den es keine Texte zu diesem Stück geben würde. Nur Sekunden später fanden sich dann alle Creatives des Stücks auf der Bühne wieder und auch Licht, Ton, Technik und Stage Management hatten ihren wohlverdienten Auftritt. Keine Show wäre ohne diese Abteilungen abgelaufen.

Mit dem neunten Vorhang endete dann um 21:03 Uhr endgültig ein außergewöhnliches Kapitel Stuttgarter Musicalgeschichte.

Wie verabschiedet man Vampire? Gut Biss oder einfach nur DANKE? Hamburg hat ein raueres Klima und sicher gibt es auch schon 2 Musicals dort. „Vampire wollt ihr ewig leben?“ Diese fiktiven Feuilleton-Schlagzeilen dürften zumindest für diejenigen entkräftet sein, die den Kult in Stuttgart auch nur einmal erleben durften. Hamburg hat Biss und ab Dezember werden die Vampire dies in der Neuen Flora beweisen.

Verneigt man sich vor „leichter Kunst“? Ohne die Etikette studiert zu haben, tun wir dies vor den fast 200 Darstellern, den Musikern und allen Mitarbeitern die sichtbar vor- oder hinter den Kulissen für das Gelingen dieses Stücks gesorgt haben. Ein Dank geht aber auch an die Stage Holding, die den Fortbestand des Stücks in Stuttgart nach der STELLA Insolvenz überhaupt erst gesichert hat.

Danke Vampire – wir sehen uns ganz sicher in Hamburg!

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